Die Gründung der Glückstädter Heringsfischerei AG
Am 26. Oktober 1893 wurde die Glückstädter Heringsfischerei AG mit einem Gründungskapital von 300.000 Mark ins Handelsregister eingetragen. Zu den Gründungsmitgliedern und Hauptaktionären zählten angesehene Bürger von Glückstadt wie der Bürgermeister Brandes, Goldschmied Aspern, Fabrikant Mahn, Holzhändler und Werftbesitzer Gehlsen, Zigarrenfabrikant Geysen und viele andere mehr. Ihren Sitz fand die Glückstädter Heringsfischerei am südlichen Binnenhafen im ehemaligen Palais des Flottenkommandanten am Rethövel. Die ersten vier Segellogger stachen 1894 in See. Die Heringsfischerei war stets ein Subventionsgeschäft. In den 1930er Jahren fehlte es an Kapital für die Modernisierung der Fangflotte. Ab 1933 investierten die Nationalsozialisten aus Propagandazwecken 650.000 Mark in den Bau von fünf modernen Dampfloggern. 1940 mussten alle Logger der Kriegsmarine übergeben werden.
Die Loggermannschaften
Die Besatzungen der Glückstädter Heringslogger setzten sich zum größten Teil nicht aus Einheimischen zusammen. Auf den Glückstädter Loggern heuerten vor allem Männer aus dem Gebiet der Mittelweser aber auch viele Sachsen aus der Dresdner Gegend an. Die Besatzungsmitglieder kamen aus den unterschiedlichsten Berufsfeldern. Meistens verfügten nur der Kapitän und der Steuermann und einige ältere Matrosen über ein Seemannspatent.
Die Arbeit an Bord
Der Kapitän war für die Schiffsführung, das Anheuern der Mannschaft und den Kurs zu den Fangplätzen verantwortlich. Der Steuermann hatte die Obacht über den Ablauf an Deck. Seine Aufgabe war unter anderem das Salzen der Heringe in der Warback. Maschinist und Heizer warteten den Schiffsmotor. Der Cook oder „Kock in the room“ versorgte die Mannschaft und musste beim Einholen des Fangs die nassen Netze verstauen.
Seegekehlt & seegesalzen
Der älteste Matrose, der Wantenehmer, organisierte das Schlachten (Kehlen) der Heringe. Die Abholer brachten die gekehlten Heringe zum Salzen in die Warback und die Spillöper (bedienten sonst die Spill, Seilwinde, zum Einholen der Taue) packten die gesalzenen Heringe in Kantjes (Fässer). Drei Leichtmatrosen erledigten beim Aussetzen und Einholen der Netze Hilfsarbeiten. Dann gab es noch zwei Schiffsjungen: Den Reepschießer, der das armdicke Tau, an dem die Netze hingen, verstaute, und den Abhauer, der die gefangenen Heringe aus dem Netz in die Kribben (kastenförmige Behältnisse seitlich an Bord) schlug. Kam ein großer Fang an Bord, war die hierarchische Organisation der Mannschaft vorübergehend aufgelöst. Dann mussten Kapitän, Maschinist, Cook und Spillöper gleichermaßen beim Schlachten helfen.
Die verschiedenen Heringssorten
Grundsätzlich unterscheidet man zwei Sorten Heringe: Den Vollhering, der schon Fett angesetzt hat, und den Matjes, der noch jungfräulich und damit besonders zart ist. Die ersten Matjesheringe landeten meist im Juni an. Je nach Größe passten ca. 600 bis 1.000 Heringe in ein Fass. Bereits auf See wurden die Heringe vorsortiert. Kantjes mit Vollheringen sortierte und verpackte man an Land immer neu. Der empfindliche Matjes wurde nur umgepackt, wenn es bei der Vorsortierung etwas zu beanstanden gab.
Die Arbeit der Packerinnen in der Heringsfischereigesellschaft
Die Arbeit in der Fischereigesellschaft wurde hauptsächlich von Frauen erledigt. Sie wurden für die harte Arbeit angemessen bezahlt: 1908 bekam eine Arbeiterin für das Nachpacken der Katjes pro Stück 33 Pfennig, für ein von Grund auf neu sortiertes und bepacktes Fass 66 Pfennig. Bei einem Arbeitstag von neun Stunden im Akkord verdiente eine Packerin ca. 20 Mark pro Woche.
Der Salzhering im Handel
Die Deutsche Heringshandelsgesellschaft (DHG, ab 1913) vertrieb die Salzheringe in Holzfässern (ganze bis 1/16 Fässer) und in Eimern. In den Gemischtwarenhandlungen gab es noch bis in die 1950er Jahren eine Heringstonne. 1951 entwickelte die Emder Heringsverarbeitungs-Firma Woldemar ihren „Ferting“, ein küchenfertig entgräteter chemisch konservierter Salzhering, verpackt in Originallake. Ab 1970 lieferte die Firma Woldemar mit dem Slogan „Stapelbar von Woldemar“ Salzheringe in verschweißten Kunststoffbeuteln. Eine Verpackungsform, die noch heute die Regale der Supermärkte beherrscht.
Heringsfischerei, Worterklärungen
Abholer
schüttet die Körbe mit den geschlachteten Heringen in die Warrback zum Salzen.
„Besanschot an!“
Ruf: „Antreten zum Schnapsempfang!“ nach getaner Arbeit, z.B. dem Aussetzen der Fleet am Abend; das Besansegel wird am hinteren Mast gefahren und war gesetzt beim Treiben des Loggers hinter der Fleet ihn treibend in einer Linie mit den Netzen zu halten. Wenn das Besansege mit der Schot, seinem Tau festgelegt war, war das Aussetzen der Netze beendet.
Blasen
Schwimmkörper, die die Brails ablösten.
Brails
Hohle Schwimmkörper aus Holz, vom Böttcher/Küfer hergestellt, gaben der Fleet den nötigen Auftrieb.
Dissel
Hammer zum Dichtmachen der Fässer.
Fetthering
hat in der Freßperiode viel Fett angesetzt, das aufgebraucht wird, wenn sich vor der Laichperiode Rogen und Milch bilden.
Fleet
Treibnetz, das durch Zusammenfügen von 70 bis 160 Einzelnetzen bis zu 5 km lang sein konnte.
Floter
5 -6 cm dicke runde Korkscheiben von 7 – 8 cm Durchmesser, die an der Oberkante der Treibnetze angebracht sind.
Hohlhering
Sortenbezeichnung für Matjes, die noch keinen Rogen und keine Milch ausgebildet haben, und für Ihlen, die abgelaicht sind.
Ihle
Abgelaichter und magerer, deshalb als Nahrungsmittel etwas minderwertiger.
Jonas
Brailartige Boje nach unten mit einer 1,5 m und nach oben mit einer 4,5 m langen Stange (= Pricke) verlängert. An deren oberen Ende wurden ein bis drei Wimpel angebracht. Mindestens drei von ihnen markierten die Lage der Fleet.
Kaaken, auch Keeken oder Kehlen
Schlachten der Heringe. „Man nimmt dazu das Kaakmesser in die rechte, den Hering in die linke Hand, sticht in die Kehle des Herings, wobei dessen Kopf mit dem linken Daumen etwas auf die Seite gebogen wird und entfernt darauf durch eine drehende Bewegung den größten Teil der Eingeweide.“ Ein Mann konnte in einer Stunde 1.300 Heringe kehlen, das sind zwei Kantjes.
Kachelpieper
Spottbenennung für die ersten Dampflogger. Auf ihnen wurde“eingekachelt“ und sie konnten mit der Dampfpfeife „piepen“.
Kantje
Heringsfass. Die Heringe wurden mit den Bäuchen nach oben in das Fass gelegt. Die Fässer standen einige Stunden offen an Deck. Dabei sackten die Heringe zusammen. deshalb legte man meistens noch eine Schicht nach, ehe die Kantjes dichtgemacht wurden. Auf vier Kantjes rechnete man ungefähr ein Fass Salz. Matjes wurden milder gesalzen.
Kombinierter Logger
kann mit Treibnetz und mit Schleppnetz fischen
Kribben/Krebben
Kastenförmige Behältnisse seitlich auf dem Deck, in die die Heringe aus den Netzen geschlagen wurden.
Lake
Salzige Flüssigkeit, die aus dem Flut der gekehlten Heringe und dem verflüssigten Salz mit den durch das Salz aus den Heringen herausgezogenen Wasseranteilen entstand.
Matjes
Jungfräuliche Heringe vor der ersten Laichreife. Sie haben schon reichlich Fett angesetzt, oder noch keinen Rogen und keine Milch gebildet.
Pelagisches Netz
Meist von zwei kombinierten Loggern gezogenes Schleppnetz zum Fischen in verschiedenen Höhen.
Quartel
15 bis 20 Netze bildeten ein Quartel. Nach jedem Quartel wurde ein Jonas gesetzt.
Reep, auch Fisch- oder Fleetreep
Armdickes geteertes Tau, an dem das bis 5 km lange Fleet hing,d. h., an diesem Reep hing an 8 m langen Zeisingen das Sperreep, an dem an Staalen (kurzen Bändchen) die Netze hingen.
Reepschießer
Schiffsjunge, der das Reep beim Einholen in einem besonderen Reepraum unter Deck aufrollte.
Scherbretter
Zwei Scherbretter halten das Schleppnetz weit offen.
Spill
Drehbare Vorrichtung zum Einzuholen des Reeps, ursprünglich durch umlaufende Männer mittels Handspaken betrieben, später mit einer Dampfmaschine (Donkey).
Vollhering
Laichreifer, mit Rogen oder Milch angefüllter Hering.
Warrback
Holztrog, in dem die gekehlten Heringe gesalzen wurden.
Warrlepel
Hölzerne Schaufel, mit der Heringe und Salz in der Warrback durcheinander gerührt wurden.
Wrackhering
Beschädigter Hering, Ausschuß.
Zeisinge
7 – 8 m lange und 12 – 15 cm dicke Leinen, die das Fischreep mit dem Sperreep verbinden.
Seitenschwerter der Ewer und Tjalken
Seitenschwerter waren mittschiffs seitlich absenkbar außen am Rumpf aufgehängt. Sie verliehen dem flachbodigen Fahrzeug beim Segeln ausreichenden seitlichen Wasserwiderstand. Sie waren Voraussetzung für das Segeln am Wind und für die Fähigkeit zum Kreuzen, auch verbesserten sie die Manövrierfähigkeit des Fahrzeuges insgesamt. Sie wurden an der jeweiligen Lee-Seite des Ewers heruntergefiert, während das Luv-Schwert in oder nach jeder Wende geholt wurde. Beim Segeln im flachen Wasser drückte sich das Schwert selbst hoch, ohne daß vorher irgendwelche Vorkehrungen getroffen werden mußten. Es reichte noch mit der Hälfte seiner Länge unter den Boden und war beim Segeln zugleich ein verläßlicher Tiefenanzeiger, wenn man über flache Gründe zu laufen hatte.
Ewer
Last-, Fähr- und Fischereifahrzeuge mit flachem Boden, ursprünglich mit spitzem Heck (Spitzgattewer), später mit Spiegelheck, zuletzt auch mit rundem Heck (Rundgattewer). Zahlreiche Ewer aus Glückstadt und dem Rhingebiet transportierten die hiesigen landwirtschaftlichen Produkte nach Hamburg und schafften hier benötigte Güter wie Dung, Elbsand, Mauersteine und Torf heran.
Tjalk
Frachtsegelschiff holländischer Herkunft mit breitem, abgerundeten Bug und Heck, sonst ähnlich dem Ewer.
Donnerstag, Sonnabend und Sonntag
14 bis 17 Uhr
Dienstag bis Sonntag
14 bis 17 Uhr
Dienstag bis Donnerstag
9 bis 12 Uhr